Südafrika in Wort und Bild


Hier folgt eine Leseprobe aus meinem E-Book "Waterfalls, eine Farm in Südafrika". Es beschreibt die endlose Weite dieses Landes und meine Kindheitserlebnisse , zum Beispiel eine Autoreise von Pretoria nach Kapstadt:

 

"Sie war neun oder vielleicht zehn gewesen und lag lang ausgestreckt hinten im Wagen. Alles roch nach Staub und Hitze. Die Kleider klebten an ihrem Körper. Die Straße war gerade und streckte sich endlos in die Wüste hinein. Ihr war schlecht, hundselend. Wenn sie die Augen öffnete, überkamen sie Wellen von Übelkeit. Vorne im Wagen sprachen ihre Eltern miteinander. Die Motorengeräusche des Wagens ver-schleierten die Worte. Nur Töne drangen zu ihr durch.

„Papa, mir ist schlecht", konnte sie gerade noch herausbringen, als sie sich schon wieder übergeben musste. Ihr Körperchen zuckte zusammen. Ihr Brustkorb tat weh. Ihre Mutter kühlte ihr das Gesicht mit Wasser, das sie aus einer kleinen leinenen Wasserflasche goss, die im Fahrtwind an der Stoßstange hing. Es enthielt herrlich 9

kühles Wasser. Sie lief ein paar Schritte um den Wagen mit ihr. Nur die endlosen Weiten waren zu sehen und tanzende Hitzewellen flirrten über der Straße. Kein an-deres Auto, kein Mensch rührte sich in dieser von Gott verlassenen Gegend. Sie war ein Kind, es ging ihr furchtbar elend, sodass sie die wunderbaren Farben der Land-schaft gar nicht wahrnehmen konnte. Die für sie so eintönig wirkende Landschaft spiegelte alle Farben des Regenbogens. Tiefes Purpur wechselte sich mit Veilchenblau und Gold ab. Die Dornensträucher am Rand der Straße formten obskure Gestalten, aber das Olivgrün der Blättchen und das Weiß der Dornen umrandete diese herrli-chen Gebilde. Auch waren sie gar nicht allein. Große Tausendfüßer krochen über die verbrannte Erde. Wespen flogen von einem winzigen Blütchen einer Akazie zur an-deren. Ein Chamäleon kroch langsam hinter die Zweige eines Dornbusches und ver-steckte sich, als der Wagen hielt. Gleichzeitig riss das Gezirpe der Zikaden sofort ab.

Sie waren zu viert – ihr Bruder war dabei - und doch konnte sie sich überhaupt nicht an ihn erinnern. Waren sie sich schon damals so fremd…?

Die Landschaft, durch die der Zug fuhr, war noch die gleiche, nur jetzt nahmen ihre Augen die Farben bewusst und aufmerksam wahr. Ihr fiel auf, dass die endlosen Weiten doch eigentlich gar nicht so endlos waren. Kleine wellende Hügel, ‚Koppies‘ genannt, unterbrachen die Ebene und waren die Ausläufer der hohen Berge, die sie noch überqueren musste. Die gleichen, ein-fachen, weißen Häuschen mit Wellblechdächern, welche die Sonnenstrahlen spiegelten, standen auch noch am Straßenrand, und drinnen würde es sicher noch genau wie früher sein. Der Coca-Cola Automat in der Ecke, der Decken-ventilator, das Gesumme der Fliegen, von denen einige an den langen herun-terhängenden Fliegenfängern kleben blieben, ein paar alte Tische und Stühle. Das waren die alten Rastplätze an dieser ewigen Straße, in Richtung Süden. Schwarzen, die auf leisen, nackten Sohlen angeschlichen kamen, konnte man riechen. Nicht Schweiß oder so, nein, sie verströmten den Geruch der Wildnis. Die Bewegungen waren so geschmeidig wie die eines Tieres, das auf der Lauer liegt, fertig zum Sprung. So waren sie ihr eigentlich immer vorgekom-men, wie gefangene Tiere, nie richtig zu Hause in diesem Land. Aber das war ein altes Vorurteil...

Die Berge wurden nun immer höher. Auch die Farben änderten sich. Je höher der Zug fuhr, desto grüner wurde die Landschaft. Dies waren die Hex Revier Berge. Der Weg schlängelte sich jetzt durch tiefe Schluchten, und weit unten grub ein Flüsschen mit silbernem Band Kalligraphien in die Wände.

Irgendwo muss der Kaffeefluss sein, dachte sie. Das Wasser war kaffee-braun, wahrscheinlich durch eisenhaltige Mineralien verfärbt. Sie erinnerte sich noch an den Geschmack des Wassers und an das Gefühl, wenn sie es in ihren Händen auffing und über ihr Gesicht fließen ließ. Es war eiskalt. Die nackten Füße konnten keine Minute lang darin aushalten. Egal, wie heiß es draußen war, die Kälte des Wassers blieb. Wasser hat sie immer fasziniert. Sie wollte hineinschauen und damit spielen, und am schönsten war es, wenn sie etwas in einem Bach oder Fluss entdecken konnte. Kleine Fische zum Beispiel, oder manchmal Flusskrebse. Ob die noch da waren, oder waren auch hier alle Bäche und Flüsse vergiftet?

Die Dämmerung ließ die Landschaft nur noch schemenhaft erkennen. Der Himmel war rot gefärbt, und auch die höchsten Schluchten schimmerten noch rötlich. Vögel flogen jetzt unruhig hin und her und suchten ihren Nistplatz. Die Nacht barg viele Gefahren.

Die Nacht brachte auch Träume..."

 

 

 

 



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