Südafrika in Wort und BildDer Wind hat es erzähltDer Wind hat es erzählt……
Der Wind hat es erzählt.
Es herrschte große Aufregung in den Blättern des alten, verknorpelten Eukalyptusbaums. Die Hitze war übermächtig und die Blätter verwischten sich im Hitzeflimmern des grellen Lichtes. Groß und mächtig stand er da auf heiligem Grund der Aborigines in Australien, der alte Eukalyptusbaum. Vieles hat er gesehen und gehört. Er war einer der ersten Eukalyptusbäume in Australien, der Anfang der Migration von Eukalyptuspflanzen in allen 5 Kontinenten. Baum des Lebens wird er genannt und uralt ist er bereits jetzt schon. Die Öle aus seinen Blättern haben schon als Medizin gewirkt, sobald die ersten Menschen die Wirkung spüren konnten. Die Neuigkeiten wurden immer durch den Wind erzählt, der über alle diese Kontinente Bescheid weiß, aber diesmal waren es besonders interessante Nachrichten.
Der Wind erzählte über eine große Veranstaltung am anderen Ende der Erde und dass just dieser Baum einige von ihren Blättern opfern müsste, damit die Menschen auf der Erde die Botschaft von Liebe und Frieden erfahren sollten. Es würden von allen 5 Kontinenten Blätter von den Eukalyptusbäumen gepflückt und nach Europa geschickt, wo sie auf der Veranstaltung in all ihrer Farbenpracht und Schönheit strahlen würden.
Hoch oben in der Krone hörte Jimmy die Nachricht. Die Sonne leuchtete seinen Farbglanz, um gleich wieder vom Schatten bedeckt zu werden. Er war ganz aufgeregt. Ob er vielleicht mitmachen durfte? Das hat er sein ganzes Blattleben schon gewünscht, um endlich mal andere Länder zu sehen. Er hat ja schon gemerkt, dass einige Menschen im Baum waren, von oben und unten Blätter pflückend. Dann spürte er tatsächlich eine Hand, und mit einem kurzen Schmerzschrei verlor er den Halt an dem alten Stamm. Plötzlich landete er in einem Karton, und es war ganz düster darin. Einige von seinen Kumpels waren auch schon gepflückt. Alle waren ängstlich und eingeschüchtert.
Der Karton wurde zugebunden, und die Reise begann. Es dauerte lange, bis endlich wieder Ruhe herrschte und das Schaukeln aufhörte. Dann wurde der Karton geöffnet und neue Blätter kamen dazu. Aber was war jetzt? Sie konnten plötzlich einander nicht mehr verstehen! Die neuen Blätter unterhielten sich in einer anderen Sprache! Aber dann spürte Jimmy etwas Weiches und Wundervolles auf seiner Brust. Es war ein Blatt vom afrikanischen Kontinent. Es war wunderhübsch von einer zarten Farbe und wohligen Rundungen. Sie sprach ihn leise in Englisch an, und sie konnten einander verstehen. Sie heißt Sediba, sagte sie. Jimmy verliebte sich unsterblich und war überglücklich, dieses wunderbare Wesen direkt an seinem Körper zu spüren. Sie schien auch nicht abgeneigt von ihm zu sein, und sie schmiegte sich an ihn.
Dann wurde der Deckel wieder zugemacht und die Reise fing von vorne an, aber diesmal war jedes Rutschen und Schaukeln ein Vergnügen. Sie wussten überhaupt nicht, was geschehen wird, aber das war jetzt fast unwichtig. Plötzlich wurde alles sehr laut und wieder neue Blätter wurden in den Karton eingepackt. Eine harte Sprache, die sehr schnell gesprochen wurde und total unverständlich war, beherrschte jetzt das Leben in der Box. Wieder lag ein Blatt auf Jimmy und leider auch auf Sediba. Das war gar nicht mehr angenehm, zumal das neue Blatt, das Miguell hieß, sehr aufdringlich war und sich immer mehr an Sediba heranmachte. Sie waren in Spanien, auf dem europäischen Kontinent, und die Spanier sprechen schnell und hart.
Endlich ging die Reise weiter, und da Spanien nicht mehr weit vom Veranstaltungsort lag, dauerte es nicht lange, bis sie alle ausgepackt wurden und nach Land sortiert. Angstschweiß haben Jimmy und Sediba fest aneinander kleben lassen, und so konnten sie glücklicherweise zusammenbleiben. Aber Miguell war vorerst weg. Sie waren beide erleichtert darüber.
Plötzlich kamen sie in einen dunklen Raum, wo total unbekanntes Licht die Szenerie erleuchtete. Ein wunderhübsches Mädchen stand inmitten des Raumes und das Licht war auf ihren nackten Körper gerichtet. Einige Menschen waren dabei, sie mit Eukalyptusblättern zu bekleiden und ihr Körper zu bemalen. Sie stand als lebendes Kunstobjekt im Raum. Nun wurde Jimmy genommen und eine klebrige Flüssigkeit wurde an seiner Unterseite angebracht. Hände trugen ihn zu der verführerischen Brust des Mädchens und klebten ihn darauf. Er wollte noch nach Sediba schreien, aber das Glück war auf seiner Seite. Sie druckten sich fest an ihn und beide bedeckten die Nacktheit des schönen Geschöpfes.
Und Miguel? Er landete weiter unten und konnte nur noch eifersüchtig in die Höhe blicken, wo Jimmy und Sediba selig zusammen waren.
Luminale 13 – 18. März 2016 Elizabeth Kott |