Südafrika in Wort und Bild


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Oh Bahn, wir himmeln dich an!
22.10.2014 22:06

Oh Bahn, wir himmeln dich an!
Oder, wie 84km hin und zurück 12 Stunden dauern können!
 

Gestern war ein großer Tag für mich. Ich habe meinen Autorenvertrag bekommen. Der Weg dorthin aber, war hart und steinig und nass.

Es sollte von Frankfurt HBF, nach Mainz HBF und in Worms umsteigen nach Gundersheim, Rheinhessen gehen. Und zurück

Um 10:00 Uhr bin ich losgefahren, und habe eine Stunde extra eingeplant für Verspätungen der Bahn.

Ich kam um 10:20 Uhr am Hauptbahnhof in Frankfurt an. Alles prima, denke ich. Die Wartezeit bis 11:08 Uhr versüßte ich mir mit einer heißen Schokolade. Ich saß wohl und warm und konnte mir die Zeit vertreiben mit Fußball gucken, auf einer riesen Bildschirm, oder auf einer anderen riesen Bildschirm Ballett, oder einfach in die Gegend schauen. Meine Nervosität fiel langsam von mir ab.

Um 11:00 Uhr schlenderte ich langsam und gemütlich zu meinem Bahngleis. Der Zug stand dort. Diesen Satz bitte ich gut zu merken. Ich stieg ein und machte es mir gemütlich. Für alle Fälle hatte ich Plan A, B, C und sogar D ausgedruckt, mit allen Zwischenstationen.

Um 11:08 Uhr standen wir immer noch. Um 11:12  Uhr immer noch. Plan A konnte ich über Bord werfen, da ich gerade mal 5 Min. zum Umsteigen hatte. Das heißt, ich musste von Gleis 2 nach Gleis 8, Treppe auf und Treppe ab. In nur 5 Minuten. Unmöglich. Plan B musste ran. Ich entschied nicht in Mainz HBF umzusteigen, sondern eine Haltestelle vorher. Mainz Süd.

Wir kamen mit einer Verspätung von 20 Min. in Mainz Süd an. Dort konnte ich nach einer Wartezeit von 10 Minuten in den Zug nach Mannheim über Worms einsteigen. In Worms raus und Zug nach Gundersheim. Plan B.

So weit so gut. Ich hatte immer noch meine eine extra Stunde, wovon mir nicht mehr allzu viel übrig blieb aber trotzdem, ich wäre noch rechtzeitig zu meinem Termin in Gundersheim gekommen. Der Termin war für 14:00 Uhr geplant.

Vor Worms blieben wir stehen, und stehen und stehen. Kein Mensch informierte uns, wir konnten nur warten. Alle Insassen im Zug wurden schon leicht nervös. Dann eine Ansage. Wir müssen warten, ein anderer Zug den wir nicht überholen können, wäre vor uns. Hoffentlich schaffen Sie noch Ihre Verbindungen. Na super! Meine schon nicht. Endlich fuhren wir los und ich blätterte verzweifelt in meinen Unterlagen. Plan B zunichte, Plan C muss ran.

Und da geschah es! Liebe Bahn hier bist du mal nicht schuld. Ich vergaß in Worms auszusteigen und als ich das wollte, war es schon zu spät und der Zug fuhr wieder los, allerdings jetzt Richtung Ludwigshafen. Da wollte ich nun aber gar nicht hin! Ich entschloss an der erste Beste Haltestelle auszusteigen.

Das war Oggersheim. Nun könnte man denken, da unserAlt Bundeskanzler dessen Namen ich hier nicht erwähnen möchte, ein Prunkstück von einem Bahnhof hatte. Aber weit gefehlt. Es gab keinen Bahnhof. Nur zwei Gleise. Kein Häuschen in dem man nachfragen konnte wie es weiter geht. Nein. Noch nicht mal Fahrpläne. Rein gar nichts. Ich beschloss vor dem „Bahnhof“ zu gehen und zu sehen, ob irgendein Mensch mir weiterhelfen konnte. Zu Not überlegte ich sogar ob ich ein Taxi nehmen sollte. Nur hatte ich keinen blassen Schimmer wo ich genau war in die Geografie meines Reisens.

Ich fragte an einer Baustelle einen Mann wo denn ein Plan aushängen würde.

„Nix Plan“, war die Antwort.

Auf die Frage wo man ein Taxi bekommen konnte,

„Nix Taxi“.

Dann aber,

„Du laufen. Dort Taxi“

„Wo laufen?“ fragte ich dann auf die gleichen Art.

„Weit laufen“, war die tröstende Antwort.

Jetzt kam aber ein Kumpel.

„Du laufen hier Straße, dann links“

Ich beschloss mein Glück weiter in die Straße zu versuchen. Dankte freundlichst und lief los. Jetzt hatte es schon angefangen zu nieseln. Erst bei der dritten Person bekam ich eine vernünftige Antwort.

„Sie müssen die Straße entlang laufen, und dann links. Ein Stückchen weiter ist ein Taxistand.“

Ich fing an sehr schnell zu laufen und bog links ein. Kein Taxi.

Eine deutsche Frau fragte ich wo denn der Taxistand wäre.

„Na hier“ war ihre Antwort. Dann sah ich ein Schild worauf stand. Halteplatz für 2 Taxis. Nur kein Taxi zu sehen.

Es war mittlerweile 13:25 Uhr. Mein Termin war um 14:00 Uhr.

Gegenüber war ein Internet Café mit Menschen aller Herren Länder, aber kein Deutscher.

„Können Sie mir bitte ein Taxi rufen?“ fragte ich höflich.

„Heh?“

Ich: „Anrufen, Taxi“

Ich bekam eine halbwegs nutzvolle Antwort.

„drei Mal zweiundfünfzig“

Jetzt sagte ich „Heh?“

„52 – 52 – 52“  O.K.

Mein Handy antwortete: „Kein Anschluss unter dieser Nummer“

Ich musste jetzt schleunigst meinen hoffentlich neuen Verlag informieren.  Sehr kleinlaut erzählte ich kurz meinen Schicksal und fragte ob es überhaupt noch Sinn machen würde, da ich überhaupt nicht sagen konnte wann, und ob, ich jemals ankommen würde. Aber eine sehr freundliche Stimme riet mir dazu einfach zurück nach Worms zu fahren. Von dort aus sind es nur 3 Haltestellen. Sie würden warten und mit ihren Terminen umdisponieren. Ich konnte sie knutschen.

Jetzt schleunigst zurück zum Bahnhof. Aber wo war der Bahnhof? Ich bin so viele male umdirigiert worden, dass ich keinen blassen Schimmer mehr hatte, wo der verflixte Bahnhof (sollte man es überhaupt so nennen) war. An einer Gruppe von Baustellenarbeitern fragte ich.

„Können Sie mir bitte sagen wo der Bahnhof ist?

„Heh? (Kam mir irgendwie bekannt vor.

„Wo Bahnhof?“, fragte ich auf ihr Manier.

Diesmal noch nicht mal „Heh?“

„Zug – Tschoutschou. (Es fiel mir ein, dass sie bestimmt nicht das Geräusch von einer Dampflokomotive kennen würde, was leider auch stimmte.)

Ein Mann kam aus der Gruppe.

„Du hier laufen“, sagte er und wies mir eine Richtung an.

Ich rannte jetzt los und tatsächlich, ich kam an. Meine Vernunft sagte mir – und ich war so stolz auf mich -, dass ich auf das andere Gleis stehen sollte. Nicht wieder Richtung Ludwigshafen. Die Frage, wann und ob ein Zug kommen würde, war hiermit leider nicht beantwortet.

Ich wartete 20 Minuten, dann kam doch tatsächlich ein Zug mit der Aufschrift „Worms HBF“. Hurra.

In Worms konnte ich endlich mit einem vernünftigen Menschen reden, der mir sagen konnte wohin und wann. Laut Auskunft würde ich um 15:08 Uhr ankommen. Ich sagte sofort meinen noch nicht Verlag die Ankunftszeit und informierte mich, ob es sich dennoch lohnen würde.

Die sehr freundliche Stimme an der anderen Seite sagte:

„Schwingen Sie endlich Ihren Hintern hierher“

Ich antwortete, dass ich laufen würde wenn ich konnte.

Jetzt hatte ich nochmal eine dreiviertel Stunde Zeit, in der ich etwas essen konnte.

Pünktlich stieg ich in den Zug. Leider fuhr sie aber nicht pünktlich weg. Ich kam 15:30 Uhr in Gundersheim an. Jetzt wieder die Frage, wohin? Gundersheim ist ein Nest, aber schön. Mitten in den Weinbergen. Pflasterstein Straßen und vielen Weinranken. Meine Frage nach der Straße führte mich Berg auf, Berg ab, Straße rein, Straße raus. Und dann war sie da. Wie eine Erleuchtung!

Als ich ankam stand die Tür offen. Ich wurde so herzlich begrüßt, dass ich fast Tränen bekam. Das Haus war so liebevoll eingerichtet, mit vielen Büchern und herrlichen Ledersesseln und andere Dekoration. In einem Nebenzimmer wurde ich empfangen mit Café und Kerzen und allerlei Leckereien. Ich war angekommen. Unser Termin verlief für mich selig. Ich bekam meinen Autorenvertrag und wir besprachen viele neue Projekte.

 

Die Rückreise

 

Wenn man so anfängt, ahnt man schon, dass es nicht so einfach weiter ging. So war es leider auch.

Meine neue Autorenkollegin, die bei den Gesprächen dabei war, musste auch weg. Sie versprach mir mit zu nehmen mit dem Bus. Sie würde in Westhofen aussteigen, ich sollte sitzen bleiben und in Osthofen, wo auch ein Bahnhof ist, aussteigen. Von dort würden viele Züge nach Mainz fahren. Das klang erstmal gut. Der Busfahrer knöpfte mir eine Fahrt nach Osthofen Bahnhof ab, und sagte dann lakonisch, dass er gar nicht nach Osthofen fährt. Seine Tour würde in Westhofen enden. Die Kollegin meinte dann, dass das nicht so schlimm sei, ich sollte an die Verbandsgemeinde aussteigen. Aber nur dort. Sie stieg jetzt aus. Die Ansage und das Schildchen zeigte „Verbandsgemeinde“. Also stieg ich aus. Ein Jungen stieg mit mir aus. Auf die Frage, wo denn der Bus nach Osthofen abfahren würde, antwortete er: „An die Verbandsgemeinde“.

Die Ansage war falsch. Er tröstete mich damit, dass er mitlaufen würde und mir zu der Verbandsgemeinde bringen würde. Das würde allerdings ungefähr eine Viertelstunde dauern. Es fing an zu nieseln.

An die Verbandsgemeinde angekommen, zeigte er mir noch die Bushaltestelle und wir stellten fest, dass der nächste Bus nach Osthofen um 19:19 Uhr fahren würde. Es war jetzt 18:10 Uhr! Der Junge verabschiedete sich. Ich musste jetzt dringend eine Toilette aufsuchen und ging erleichtert  in ein Café, der direkt an die andere Seite der Straße lag. Auf meine Bitte hin, ihre Toilette zu benutzen, lehnte sie ab. Nein, Sie würden jetzt schließen. Das Café ist schon geschlossen, und dann darf ich nicht mehr die Toilette benutzen. Ich bettelte und sagte, es ist dringend! Ich sollte zu der Verbandsgemeinde gehen, war die Antwort.

Ich rannte jetzt dorthin. Natürlich war das nach 18:00 Uhr geschlossen. Jetzt war ich in Panik. Und dann half irgendeiner Schutzengel mir. Die Putzfrau öffnete und ich durfte auch die Toilette nutzen. Meine Welt war wieder halbwegs in Ordnung. Schnell rief ich zu Hause an und erzählte was geschehen war. Ich wartete im Vorraum, stehend die Stunde ab. Nun war ein wirklich heftiger Sturm los gebrochen. Ein Sturzregen ging nieder und es wehte so hart, dass alle Bäume sich bogen. Soweit ich sehen konnte, denn es war fast total dunkel. Um 19:15 Uhr beschloss ich dann mal an die andere Seite zu gehen, damit ich mein Bus nicht verpasse. Nur auf eine Seite war ein Häuschen. Auf meine Seite der Bushaltestelle nichts. Nur ein Zeichen „Haltestelle“. 19:17 Uhr war ich zu nervös um länger im Trockenen zu bleiben, denn von dort konnte ich im Dunkeln und Regen nicht erkennen ob mein Bus kommt. Ich ging also mit meinem Tchibo-Schirm los. Die hatten mir versprochen, dass der Schirm hält, sogar im schlimmsten Wind. Das stimmte sogar. Der Schirm hielt. Wenigstens etwas Positives. Aber was nicht kam, war der Bus. Es wurde 19:20 Uhr, 19:27 Uhr und immer noch kein Bus. Ich war schon lange in meinem Leben nicht so nass gewesen, wie an diesem Abend. Bis auf die Unterwäsche war alles nass. Meine Füße standen in einem Wasserbad. Es wird ein Wunder sein, wenn ich nicht krank werde. Um 19:30 Uhr kam der Bus. Wir fuhren ca. eine Viertelstunde bis endlich Osthofen Bahnhof in Sicht war.

Es war wieder ein Bahnhof ohne Bahnhofsgebäude, ohne Fahrplan (was nützen Fahrpläne eigentlich, wenn man sich nicht darauf verlassen kann?)Regen und eine Toilette die verschlossen war. Um die Wahrheit zu sagen: ich hatte genug! Eine japanische Frau konnte mir wenigstens sagen auf welche Gleis der Zug – sollte es ein Zug geben – kommen würde.

Ich stand im Regen, mit aufgespanntem Schirm und wartete….und wartete….und wartete. Und dann. Plötzlich aus der Ferne kam ein Zug an. Und darauf stand „Mainzer Hauptbahnhof“. Nicht zu glauben!!!

Ich stieg ein in einem warmen, gemütlichen Abteil und konnte in Ruhe meinen neuen Vertrag lesen. Alles in Ordnung! Am Mainzer HBF angekommen, dachte ich ich sehe nicht richtig. Genau gegenüber stand ein Zug mit „Frankfurt HBF“ darauf. Ich stürzte hin und landete in einem Abteil mit 3 Personen darin. Ein junger Mann und ein Ehepaar. An dem Gespräch konnte ich hören, dass sie sehr in Sorge waren, ob sie überhaupt ankommen würden, denn…. Der Zug hatte 40 Minuten Verspätung. Der einzige Grund warum ich noch mitfahren konnte. Das Pärchen kam aus Saarlouis und wollte nach Berlin. Mein Gegenüber wollte nach Hannover. Dann kam ein strahlendes Lächeln von meinem Gegenüber der schweigend mit seinem Smartphone hantierte. Alle Züge hatten 50 Minuten Verspätung. Damit konnten sie allen ihren Anschluss kriegen. Wir lachten und hatten Spaß und tauschten Emailadressen aus. Ich erzählte von meinem frischen Autorenvertrag und von meinen Büchern. Sie wollten wissen, worüber es handeln würde. Als ich erzählte von Südafrika mit Abenteuern und Anekdoten, sollte ich kurzerhand daraus erzählen. Ich wählte eine Anekdote und alle lachten. Folge war, dass ich drei Bücher verkaufte!

Wir kamen jetzt auf Frankfurt HBF an und verabschiedeten uns wie alte Freunde. Der oh, so mühsame Zugfahrt war zu Ende. Schnell mit dem Taxi nach Hause und um 21:30 Uhr endlich angekommen.

 

Danke Bahn, für die tolle Verspätungen.

Neu-Isenburg, den 21.10.2014

Oh Bahn, wir himmeln dich an! Oder, wie 84km hin und zurück 12 Stunden dauern können!

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