Südafrika in Wort und Bild


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Ja
Schneeflöckchens wundersame Reise
27.01.2017 11:58

 

 

 Es ist Winter 2017, aber ich denke dieses kleine Geschichtchen ist immer noch passend:

 

Es war einmal eine Wolke….

 

Es war Weihnachten, die Wolkenmama schüttete sich und wechselte langsam von cremig weiß zu lila.

„Kinder, es ist bald so weit“, sprach sie, und Schneeflöckchen wurde ganz unruhig.

Die Temperatur ist in den letzten Tagen stetig gesunken. Nun war es fast so weit. Mama rief es zu sich und es durfte sich das schönste Kristall aussuchen, um die Reise auf die Erde zu machen. Es war ja schon so ungeduldig und wollte die Welt sehen. Es wollte sehen wie die Menschen so leben und was sie machten. Obwohl es eigentlich auch ganz gerne Afrika sehen wollte, war es ihm klar, dass das für ein Schneeflöckchen unmöglich ist. Es hätte keine Chance zu überleben. Aber das wäre langweilig. Nur Schnee zu sehen machte ihm keinen Spaß. Es wollte Abenteuer.

 

Die großen Jungs in der Gruppe waren schon voll mit Wasser gesogen. Sie waren viel größer als Schneeflöckchen, mit seinen niedlichen Kristallchen. Aber es war schöner. Das wusste es.

Mama war in der Zwischenzeit immer tiefer gesunken, und es wurde kälter und kälter. Kurz vor einer großen Stadt ließ sie die Jungs raus. Schneeflöckchen folgte begeistert, wie sie vom Wind erfasst wurden und mal hoch hinaus getragen wurden, oder fast wirbelnd, wieder tiefer sanken. Die Jungs schrien vor Freude und Schneeflöckchen konnte kaum noch warten, bis es an der Reihe war.

Dann war es endlich so weit. Mama gab ihm einen kleinen Schubs und wünschte ihm Glück.

 

Der Wind faste Schneeflöckchen und ihren Geschwistern und wirbelte es hoch hinaus. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, schwerelos zu fliegen. Sie waren jetzt in einer großen Stadt und wurden hoch getragen an den Hauswänden. Es flog an einem beleuchteten Zimmer vorbei und konnte sehen wie die Familie um einen Festessen versammelt war. In einer Ecke stand ein wunderbar beleuchteter Weihnachtsbaum. Anscheinend sprach die Mutter ein Gebet, denn sie saßen mit gefalteten Händen am Tisch. Der Wind wirbelte Schneeflöckchen noch mal rum und jetzt fiel es wieder ein Stückchen nach unten. Was es jetzt sah, machte es traurig. Ein alter Mann saß in einem Lehnstuhl und war sehr einsam. Er hatte auf seinem Schoß eine Büchse Ravioli und er stocherte lustlos mit einem großen Löffel darin rum, ohne wirklich zu essen.

 

„Warum bist du so traurig, guter Mann?“ fragte Schneeflöckchen, und der Mann sah erstaunt nach ihm hoch.

 

„Kannst du denn sehen, dass ich traurig bin, Schneeflöckchen?“ fragte der Mann.

 

„Aber ja, ich kann in deinem Herzen sehen“ antwortete Schneeflöckchen.

 

„Ich warte auf meine Tochter, aber sie ist krank geworden und kann nicht kommen“ sagte der Mann.

 

„Wo wohnt denn deine Tochter?“ fragte Schneeflöckchen. „Ich kann nämlich zaubern, und ich bringe sie zu dir“.

 

„Sie ist gar nicht weit weg, sie wohnt im Nebenhaus“, sagte der Mann. „Würdest du das für mich tun, Schneeflöckchen? Kannst du sie zu mir bringen?“

 

„Ja, sagte Schneeflöckchen. Ich frage den Wind

 

„Wind, bringst du mich bitte zu der Tochter vom traurigen Mann?“ bettelte Schneeflöckchen.

 

„Ja, sicher doch, “ antwortete der Wind. „Halt dich fest, wir holen sie.“

 

Der Wind hob Schneeflöckchen jetzt hoch und sie flogen zum Nachbarshaus. Dort fand Schneeflöckchen die Tochter in Tränen.

 

„Warum weinst du denn, gutes Kind?“ fragte es als der Wind es sanft auf den Fenstersims setzte.

„Ich habe meinen Fuß verstaucht und kann nicht laufen. Dabei habe ich für meinen Vater so ein gutes Festessen vorbereitet. Er wird bestimmt sehr traurig sein, “ sagte sie mit Tränen in den Augen.

 

„Setzt dich auf dem Fenstersims“, sagte der Wind. „Wir bringen dich zu deinem Vater. Du kannst auch das Essen mitnehmen“.

 

„Oh, ist das schön!“ jubelte das Mädchen und packte schnell das Festessen ein. Sie öffnete das Fenster und kletterte aus dem Fenster. Ohne Angst und ohne zu zögern, begab sie sich in die sanften Ströme des Windes. Der Wind hob zuerst Schneeflöckchen auf das Mädchen und dann trug er sie sanft zum Vater. Der erwartete sie schon und hat auch schon das Fenster geöffnet. Schneeflöckchen beobachtete noch wie die beiden sich in den Armen fielen, dann trug der Wind es auf die weitere Reise.

 

Sie flogen jetzt über Wälder und schneebedeckten Felder. Als es müde wurde, setzte der Wind es sanft auf den Rücken eines Schwans, der auf dem gefrorenen Teich saß.

 

„Wo ist deine Frau, Schwan?“, fragte Schneeflöckchen als es sah wie einsam er war.

 „Sie ist zu einem Bauernhof geflogen“, antwortete der Schwan. „Sie wollte noch von den Enten Daunen holen, damit unsere nächste Brut es schön weich hat. Als ob ich nicht genug Daunen selber habe“, seufzte er.

 

„Du musst nicht traurig sein, Schwan. So sind die Frauen nun mal. Immer etwas Neues suchen, “ tröstete es den Schwan.

 

„Schwan, willst du uns zu den Bauernhof bringen?“ fragte es wieder. Der nickte und flog wortlos davon. Sie flogen über Felder und Gehöfte und dann landete der Schwan auf einem Bauernhof. Sie wurden freundlich begrüßt von einigen Enten und auch das Schwein kam, um sie willkommen zu heißen. Der Schwan suchte sofort seine Frau um sie wieder zum Teich mitzunehmen.

 

„Von wo kommst du, Schneeflöckchen?“ fragte das Schwein.

 

„Von weit oben“, sagte Schneeflöckchen. „Von einer großen Wolke, die sich nur öffnet, wenn die Temperatur unter null fällt. Das ist meine Mamawolke, “ sagte es ein wenig traurig. Es wusste, dass es ihre Mutter nie wieder sehen würde.

 

„Ihr könnt bei uns bleiben, so lange ihr wollt“, sagte das Schwein. Aber der Schwan war unruhig. Er wollte noch weiter und nachdem er gut gegessen hatte, drängte er zum Aufbruch, da es auch schon dunkler wurde. Es hatte angefangen zu schneien, und plötzlich fühlte Schneeflöckchen wie jemand sich an sein Kristallkleid klammerte. Es war seine Schwester!

 

„Halt dich fest, Schwester“, sagte Schneeflöckchen vergnügt. „Jetzt nimmt der Wind uns wieder mit.

 

Der Wind flog mit Schneeflöckchen und seiner Schwester hoch hinaus und die Landschaft, die tief verschneit da lag, war wunderbar anzusehen. Grashalme sahen aus wie mit silbernen Diamanten besetzte Dolche und das Licht zauberte glänzende Kristalle über die Wiese.

 

„Setzt du uns wieder runter, Wind?“ fragte jetzt die Schwester. Der Wind setzte sie auf einen großen Felsen, der über der Ebene thronte, aber da machte Schneeflöckchen eine verkehrte Bewegung und bevor sie etwas unternehmen konnte, purzelten beide den Hang runter. Jetzt waren mehreren Brüder und Schwestern ins Rollen gekommen und sie wurden größer und größer und formten sich zu einem enormen Schneeball. Schneeflöckchen fühlte sich ein wenig bedrängt mit all den Geschwister und sie suchte eher an die Oberfläche zu kommen. Da stießen sie plötzlich an einem Stein und brachen auseinander. Schneeflöckchen war wieder frei.

 

Es schneite jetzt immer heftiger und Schneeflöckchen bettelte wieder, dass es der Wind mitnehmen sollte. Er hob es sanft und trug es jetzt ziemlich hoch hinaus. Von hier aus konnte es trotz Schnee weit in die Ferne schauen. Da erblickte es ein Schloss.

„Wer wohnt den da, Wind? fragte Schneeflöckchen neugierig.

 

„Es ist der Prinz von Dornröschen“, erzählte der Wind geheimnisvoll.

 

„Aber das ist doch ein Märchen, Wind!“ rief Schneeflöckchen erstaunt aus.

 

„Ja, Schneeflöckchen, wir sind auch in einem Märchen. Da gibt es keine Zeit mehr. Der Prinz hat Dornröschen wachgeküsst und sie leben jetzt für immer in diesem Schloss und sind sehr glücklich.“

 

„Oh, Wind, kannst du mich dort hinbringen? Ich möchte so gern den Prinzen sehen, bettelte Schneeflöckchen.

 

„Ja, antwortete der Wind. Ich bringe dich hin. Da kannst du dann auch bleiben.“

Das war alles sehr abenteuerlich und Schneeflöckchen freute sich sehr. Der Wind trug es zu dem Schloss und stellte es auf dem Fenstersims von einem hell beleuchteten Zimmer. Innen brannte ein Feuer und auch ein Weihnachtsbaum stand in einer Ecke. Der Prinz und Dornröschen waren dabei Geschenke einzupacken.

 

„Hier lasse ich dich jetzt, Schneeflöckchen. Hier kannst du bleiben, “ sagte der Wind und wollte sich schon verabschieden.

 

„Das geht doch gar nicht Wind!“ rief Schneeflöckchen entsetzt aus. Ich werde doch im Zimmer schmelzen!“

 

„Nein, Schneeflöckchen, das wirst du nicht. Wir sind doch in einem Märchen. Der Prinz wünscht sich so sehr für sein Dornröschen einen Kristall für ihr Haar. Das wirst du sein, und du kannst immer in ihrem Haar als Kristall funkeln.

 

„Der Prinz öffnete das Fenster und sah ein wunderschön glänzender Kristall, den er hoch hob und zu seiner Geliebten trug.

 

„Schau mal Dornröschen, sagte der Prinz als er Schneeflöckchen, jetzt als Kristall, im schwarzen Haar von Dornröschen steckte. „Der Wind hat dir mein Geschenk gebracht.

 

Und so lebte Schneeflöckchen mit Dornröschen und ihrem Prinz ewig weiter. Denn sie sind in einem Märchen, und da gibt es keine Zeit.

 

Elizabeth Kott

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